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Künstlerischer Lebenslauf

Der kroatische Schriftsteller Ivan Kozarac erschien in der Literatur im Jahr 1902 mit dem Gedicht in der Zeitung. In den acht Jahren seiner literarischen Tätigkeit (1902-1910) schrieb er etwa 60 Gedichte, 40 Kurzgeschichten und Novellen, den Roman und eine Autobiografie. Während seiner Lebenszeit veröffentlichte er nur ein Buch, 1906 in Vinkovci. Posthum wurden 3 seiner Bücher 1911 veröffentlicht: in Split, in Vinkovci und der Roman in Zagreb. In seinen Manuskripten wurden einige angefangene, aber nicht beendete Texte gefunden: ein Tagebuch, die Dramen , der Prosatext , die Romanskizzen und – eine Erzählung aus dem Militärleben und Gedichte. Er veröffentlichte in verschiedenen Periodika unter anderem unter den folgenden Pseudonymen: Ivan K. Krepov, Vanja Kosan, Ivan Nikolajevic Matski, Olgin, Novus.

In die kroatische Literatur kam er durch die Hintertür. Er war in der Provinz unter schweren materiellen Lebensumständen künstlerisch tätig. Sein Brot verdiente er als Schriftsteller seit seinem 13. Lebensjahr. Mit 18 erkrankte er an Tuberkulose und krank verbrachte er 2 Jahre im Militärdienst. Trotz aller Hindernisse und ungünstigen Lebensumstände gelang es ihm in einer kurzen, aber sehr intensiven Lebenszeit, den literarischen Gipfel zu erobern:
 

  • Der Roman Đuka Begović ist seine literarische Spitzenleistung, der beste Roman der kroatischen Moderne und einer der zehn besten Romane der kroatischen Literatur.

  • Folgende Gedichte werden als anthologische Gedichte bewertet: Sagara dan, Milovo sam, Da se povezemo, Iz davnih dana, Dođi, draga, Večer je, Ciganinu, Bujaju šumorne mutne vode, U mutež večernji, Umiranje III. Für fünf seiner Gedichte wurde Musik komponiert.

  • Zu den anthologischen Novellen unter anderem gehören: U nagonu, Gavaruša, Kukavac, Genka, Sudoperka, Gnjili.

 

Seine Werke wurden in die tschechische, polnische und slowenische Sprache übersetzt.

DICHTERISCHE TÄTIGKEIT

Von 1902 bis zu seinem Tod im Jahr 1910 schrieb Ivan Kozarac etwa 60 Gedichte. Zwei Manuskripte und sind in Vinkovci in den Jahren 1904 und 1905 entstanden und beinhalten dichterische Anfänge und Versuche des jungen Dichters. Diese Manuskripte befinden sich in der Städtischen Bibliothek und im Lesesaal Vinkovci. Der atypische Dichter Ivan Kozarac unterlag weder der literarischen Mode, noch gehörte er einer dominanten Dichterströmung der kroatischen Moderne an. Er etablierte sich als Dichter des Vitalismus und der Dekadenz, als Dichter der Leidenschaft, Begeisterung und Euphorie, aber genauso als Dichter der Erschöpfung, Agonie und des Sterbens.

 

Er ist der Dichter der slawonischen Tiefebene mit ihren suggestiven Tallandschaften und ein Dichter der Dorfintime und -idylle, der das traditionelle Leben und Slawonien als gewünschter und gelobter Lebensraum wiederbelebte. In seinen bekanntesten Liebesgedichten kommen Verse über das Leben von Junggesellen voller Dickköpfigkeit, Euphorie und Hedonismus vor. Daher gilt er als junger Dichter der Jugend und der Liebe für die Jugend. Er glorifizierte das Leben, die Freude und Liebe und er war sich des Ausgangs seiner unheilbaren Krankheit bewusst. Er suchte die Rettung in Gedichten und in der Stutzerhaftigkeit, in Pferderennen und in der Dynamik fand er einen Weg zur vollkommenen Freiheit, Bewegungsfreiheit, zu Gedanken, Emotionen und Erlebnissen.

 

Als Dichter der Dekadenz, der Erschöpfung und des Sterbens beschrieb er herbstliche Landschaften mit grauem Nebel, schlammigen Wegen, vernebelten Äckern und unklaren Gewässern. Diese Bilder entsprechen einer Vorstellung des dekadenten, kranken, müden Slawoniens sowie der Agonie des Dichters, der „7 Jahre lang millimeterweise stirbt“.               

         

In mir bin ich immer weniger

Ich sterbe, leise, langsam ​

Der Dichter, der in seinen Werken Schrift, Landschaft und Leben vereint, starb an einem regnerischen spätherbstlichen Nachmittag. An dem Tag beweinte auch der Himmel den frühen Tod des besten künftigen slawonischen Dichters und Schriftstellers.

ROMEO UND JULIJA IN KRNJAŠ UNTER SCHOKATZEN

Marija Kozarac war Ivans schöne Nachbarin in Krnjaš und ihr widmete er das anthologische Gedicht , das er am 04.02.1910 in unter dem Pseudonym Vanja Kosan veröffentlichte.

 

Marija wurde in Vinkovci am 03.01.1886 geboren und ihr Vater Tomo und ihre Mutter Manda geb. Grgić lebten in Krnjaš 724. Die Liebe zwischen Ivan und Marija war verboten, weil sie Verwandte dritten Grades waren. Der Schulabgänger, der arme Schriftsteller und der tuberkulosekranke Verwandte war kein passender Ehemann und die Liebe wurde nicht erfüllt. Marija heiratete 1906 Franjo Guttmann und brachte 3 Töchter zur Welt. Sie starb am 09.09.1979 im 93. Lebensjahr.

 

Der arme Dichter konnte Marija keine Perlenkette um den Hals umhängen, aber seine tiefen Gefühle der nicht erfüllten Liebe wandelte er in eine poetische Perle um. So ist das liebe Mädchen aus seiner Gasse gemeinsam mit Ljubica (Kantili) und Cvijeta (Zuzorić) zu einer der berühmten Musen der kroatischen Dichtung geworden..

 

 

Die sogenannten Junggesellengedicht, Liebesgedicht und Abendgedicht beruhen auf dem traditionellen Liebesleben junger Menschen in Slawonien und werden mit typischen Zehnsilbern geschrieben. Diese poetische Perle inspirierte Ivo Tijardović, der ein Klaviersolo dazu komponierte. Marijas feierliches Trachtenkleid und zwei Gläser, ein Kirchweihgeschenk von Ivan Kozarac, sind in der ständigen Ausstellung der ethnologischen Abteilung im Stadtmuseum Vinkovci zu sehen.

NARRATION DES SLAWONISCHEN BLUTES

In 40 Kurzgeschichten und Novellen kommt Ivan Kozarac als begabter Schriftsteller Slawoniens über Slawonien vor. Er war ein temperamentvoller Erzähler, Landschaftsimpressionist, ein Lyriker in seinen Beschreibungen, ein Modernist in seiner Ausdrucksweise, in der narrativen Struktur und beim Eindringen ins Bewusstsein. Ferner ist er ein Realist in der Perzeption und bei der Themenauswahl (slawonisches Dorf), ein Psychologe in der Analyse von seelischen Zuständen, ein Kritiker der Gesellschaft, ein Regionalist und original in seinem Stil. Sein Stil ist einzigartig – er war ein Dichter mit eigener Identität. Die ersten Erfahrungen als Erzähler sammelte er bei Treffen von jungen Mädchen und Männern sowie älteren Menschen. In seinen Prosawerken vereint er das neustokawische Ijekawische und das altstokawische Ikawische als Sprache seiner Helden, aber auch als seine eigene Muttersprache.

 

TEr verewigte das slawonische Dorf und die Šokadija Anfang des 20. Jh. Er hat die Landschaften Slawoniens und die Slawonier beschrieben und dabei setzte er sich mit der Dorferotik, der Moral, schlechter individueller Wirtschaft, der Unfähigkeit sich den neuen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umständen nach der Auflösung der Militärgrenze anzupassen, der Nostalgie nach der Idylle des traditionellen Lebens sowie dem Verhältnis zu den Zuwanderern aus.

Ivan Kozarac ist ein großer Schriftsteller und beschreibt die slawonischen Prototypen: Junggesellen, besoffene Taugenichtse, aber auch Mädchen und Frauen mit aufgewecktem Eros, die sich durch ihre Weiblichkeit emanzipieren wollen. Ivans Tina Živkovićeva, Mara Zvonareva, Eva Rajtićeva, Genka, Kaja und Gavaruša betreten den Weg von Tena Pavletić aus dem Werk von Josip Kozarac, jedoch ohne Verurteilung und Bestraffung.

Seine Figuren mit starker Persönlichkeit bilden die Stereotype des unbeherrschten Slawoniens ab – ein Land voller Hedonismus, Laszivität, Gedichte und Musik, und zwar beim Kolo-Tanz, und Narrenpossen. Es ist ein Land, in dem man in aristokratischer Würde das eigene Familienerbe (tal i didovina) verschwendet und seinen Niedergang erlebt.

ĐUKA BEGOVIĆ JUNGGESELLE ALLER

JUNGESELLEN, HERR, VERSCHWENDER

UND SÄUFER

Er weiß, was er nicht machen will, aber weiß nicht oft, was er machen will, und er macht das, was sich andere zu machen nicht trauen. Nach einem unsittlichen Leben hat er alles verloren und ist zu einem Obdachlosen und Rätsel geworden. Der tragische Vitalismus des dekadenten Đuka Begović macht ihn zu einem einmaligen, legendären Helden. Er ist die Synthese aller slawonischen Junggeselle und durch Generationen gepflegter Makel, die durch die Kraft der Militärgrenze und Militärpeitsche verdrängt wurden.

Der Roman ist die Spitzenleistung von Kozarac und der beste Roman der kroatischen Moderne und einer der besten Romane in der kroatischen Literatur. Er wurde in Folgen in 1909 veröffentlicht und in Buchform erschien er 1911 in Zagreb.

 

Đuka Begović – Junggeselle aller Jungesellen – ist eine einmalige Erscheinung in der kroatischen Literatur. Sein Vorbild war Đuka Grgić, der ein Junggeselle war und das Erbe und Vermögen der großen Grgić-Genossenschaft aus Vinkovci, , heute in der Ivan Gundulić-Straße 40, verschwendete.

Der Junggeselle Đuka Begović ist ein Landwirt, der sein Geld für Alkohol, unsittliche Handlungen, Faulenzen und gesellschaftliche Unverantwortlichkeit verschwendet. Einerseits zeigt er große Kraft, Entschlossenheit und Willen, dann wiederum unterliegt er Machtlosigkeit, Hoffnungslosigkeit, Zweifel, Verzweiflung, Nervosität und Angst. Er ist zerrissen zwischen der Welt, in welcher er leben muss, und der Welt, in welcher er leben möchte. Er ist ein Vatermörder, Ehebrecher, Verschwender und Säufer, aber auch ein Träger von geerbten Makeln und geerbtem Bösen.

DIE SPRACHE VON IVAN KOZARAC

Ihr Leute, die reden, redet nur, um zu reden Und ich rede, was ich rede - ich rede aus Notwendigkeit, Herz, Leben!

Đuka Begović

Ivans Identität beruht auf den „Worten der Milch und Wiege“, auf einer archaischen Sprache der Schokatzen (Šokci), die eine autochthone kroatische Volksgruppe katholischer Religion sind, und auf dem slawonischen Dialekt, das als ältester štokavischer Dialekt gilt. Da solche Dialekte die alte Sprache der Alteingesessenen pflegen, bezeichnen wir diese Dialekte als „Antiquitäten“ und wir betrachten sie als desto wertvoller, da sie uns mit der kroatischen Sprachantiquitäten verbinden.

 

Durch seine Sprachensensibilität und Identität bestätigte Kozarac, dass die Traditionskultur und das Leben in Slawonien bestens durch das ursprüngliche, authentische, organische Idiom der Schokatzen beschrieben werden können. In seinen Werken kommen zwei štokawische Idiome in Kontakt miteinander: das Standardidiom und das organische/umgangssprachliche/ Nicht-Standard-Idiom bzw. das Neuštokawische und Altštokawische, d. h. das Standard-Ijekawische und Schokatzen-Ikawische. In Dialogen sprechen seine Figuren die Schokatzen-Sprache. Die Identität ist am besten durch die Worten „divan“ und „divaniti“ gekennzeichnet, denn dies heißt „das sein, was man ist.“ Und man ist ein Schokatz/Slawone in der Region der Schokatzensprache, die sich an der Kreuzung des europäischen Ostens und Westens befindet und die eine Festung der kroatischen Sprache war. Seine Figuren reden die Sprache der Save-Region, die durch eine besondere Melodie gekennzeichnet ist, und diese Melodie entsteht durch ein langes, „gebogenes“ fünftes Akzent, ein Akut der Posavina-Region-Sprache und eine Seele des Posavina-Unterdialektes.

 

Sein Verhältnis zum organischen Idiom macht Ivan Kozarac zu einem Schriftsteller der Moderne, in welcher die Dialektliteratur sich zu entwickeln beginnt. Das, was Matoš für die kajkawische Literatur und Nazor für die čakawische Literatur bedeutet, ist Ivan Kozarac für die Literatur des slawonischen Dialektes und des altštokawisch-ikawischen Dialektes.

 

Kozarac Junior schreibt mit Worten „der Milch und Wiege“ und sichert seiner Sprache eine Zukunft für morgen und übermorgen – seit immer und für immer.

 

IVAN KOZARAC IN DER

KRITISCHEN REZEPTION

 

Ivan Kozarac ist seit 1906 in der kroatischen Literaturkritik präsent. Die Literatur über ihn umfasst etwa 200 bibliografische Einträge.

 

"Der Arme… Der verstorbene Kozarac war ein echter Militärgrenzer und echter Schokatz. Schön wie eine junge Frau, krank wie Slawonien, das mit ihm den besten künftigen Schriftsteller verloren hat!"

 

 

                                                                                                           Antun Gustav Matoš

 

 

"Ein Plebejer-Bürger, der mit seinem Talent allen Aristokraten und Exzellenzen der kroatischen Literatur wie: Mažuranić, Šenoa, Vojnović, Miletić, Domjanić und Gjalski überlegen war. Novak und Leskovar, Volkschullehrer, Sansculotte Matoš und Korporal Kozarac Junior waren jeder einzelner viel wertvoller als alle vorher Genannten zusammen in der zehnten Potenz."

                                                                                                                   Miroslav Krleža

 

 

"Man muss ein vollblutiger Mensch sein, um das „Leben aus Stücken“ zu geben, und das war Ivan Kozarac im wahrsten Sinne des Wortes. Sein ganzes Wesen, sein Blut und sein Herz haben gegen Lauheit und Dunkelheit geschrien. Solange es solche Schriftsteller gibt, wird es auch unsere Literaturzukunft, Wenden, Neuigkeiten und Fortschritt geben. Solange es solche Rebellen und feurige Redner gibt, wird auch ein ehrliches, kräftiges und freies Kroatien bestehen.

 

Den Schreibstil von Ivan Kozarac können wir als Schreiben mit Blut bezeichnen. Aus seinen Sätzen kommt Blut, es zerbricht auf jeder Seite, spritzt aus jedem Ruf – das schwarze, dicke Blut heiß wie Lava.


Temperament – das ist die erste Assoziation auf den Namen Ivan Kozarac."

                                                                                                            Ivan Goran Kovačić

 

 

"In der Einöde der Posavina, in dieser unübersichtlichen flachen Grenzmark, leuchtet der Spirit eines jungen literarischen Autodidakten. Durch Selbstbetrachtung und das Betrachten der Gesellschaft, kommt es zu folgenden, für sein Schreiben wichtigen Entdeckungen. Mit Gehirn lebt man dahin und mit Herzen lebt man das Leben.

 

Die erstklassige Literatur eines „Erstklässler-Literaten“ Ivan Kozarac ist eines der besten Beispiele dafür, dass man in der Kunst alles lernen kann, außer das Grundlegende, und das ist das Gefühl – eine Kraft, die in der anarchistischen Freiheit menschlicher Sinne entsteht."

                                                                                                                         Matko Peić

 

 

 

FENSTER VEDUTEN

Tagebuch von Ivan Kozarac, Manuskript:

 

2.XI. (1910)


Also, ich liege schon 25 Wochen! Also, ein hundertfünfundsiebzig Tage! Viel ist es zu sagen . Wie viel Langweile, Qual und Neid gegenüber gesunden Menschen, die gehen, mit Genuss esse , gut schlafen . Mein Tag ist traurig und leer, und da es Herbst ist, fallen Blätter runter, die Landschaft ist enthüllt und betäubt – es ist ja unerträglich durchs Fenster zu schauen – schmutzige Straßen, vernebelte Äcker, schlammige Bäche. Und man muss etwas schauen, man muss wohin schauen. Man kann ja nicht blinzeln. Der Tod, ohne Achtung um ihn zu erwähnen, tanzt um mein Bett.

 

Joza Ivakić

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